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Vorhersehbare Obsoleszenz – warum viele SmartHome Produkte nicht lange halten werden

Fast täglich berichten wir über nette Gadgets, die unser Zuhause smarter machen sollen. Wobei die meisten davon ja von „smart“ leider noch weit entfernt sind. Immerhin, eine Fernsteuerung ist ja oft auch ganz hilfreich. Egal ob Lautsprecher, Glühbirne, Heizungsthermostat oder geschaltete Steckdose, mit der passenden App lassen sich die Funktionen komfortabler als früher benutzen. Alles mit dem Ziel, mehr Bequemlichkeit, mehr Sicherheit oder weniger Energieverbrauch zu erreichen. Soweit so gut.

Zur plastischen Veranschauung der Obsoleszenz-Problematik nehme ich mal das Beispiel Lautsprecher. In Küche/Esszimmer steht ein klasse klingender Apparat von GENEVA Labs, der neben Radio auch einen eingebauten CD Player und über eine iPod/iPhone Docking-Station verfügt. Ich kann es nicht ganz sagen, aber das Gerät ist vielleicht 6 oder 7 Jahre alt, maximal. Hier zeigt sich schon, worauf ich Hinaus will:

  • Analoges Radio? Wird demnächst durch DAB abgelöst.
  • Audio CDs? ohne weitere Worte…
  • iPhone Dock-connector? wir sind inzwischen familienweit auf Lightning umgestellt

Und das ist dann eher noch eines der glimpflicheren Beispiele. Immerhin verfügt die Box über einen 3.5mm Klinken-Eingang (das ist das, was Apple gerade beim iPhone 7 gestrichen hat). Über einen Bluetooth, AirPlay oder ChromeCast Adapter lässt sich meine Anlage einigermaßen kostengünstig zumindest zur Tonausgabe noch ein paar Jährchen weiter nutzen.

Nur verfügen die meisten aktuellen Geräte kaum über solche Möglichkeiten. Im Gegenteil: heute werden integrierte WLAN- und Bluetooth-Module genauso als Kaufargument angepriesen wie die passende App der Herstellers. Mit zuwenig Weitblick, wage ich zu behaupten. Wie lange wird es wohl noch dauern, bis der nächste SpeedPort kein WEP mehr versteht? Oder keine 2.4 Ghz Frequenzen? Oder die SmartPhones neuere BT-Audio Chips haben, die zu den Protokollen älterer Soundsyssteme nicht mehr kompatibel sind? 2 Jahre? 4? Auf jeden Fall geht das viel schneller, als ich mir wieder eine neue Stereoanlage zulegen wollte.

Und das ist nur das Hardware-Problem. Nach meiner Auffassung ist das App-Problem sogar noch größer. Wer sich schon mal mit den Anforderungen und Regularien des Apple-App-Stores auseinander gesetzt hat, weiß um die Komplexität eine eigene App zu veröffentlichen. Kaufe ich also mit dem Produkt, das per App steuerbar ist (oft genug ohne App auch gar nicht zu gebrauchen), ein Bezugsrecht für App-Updates? Ich meine, die Heizungs-Regler will ich aber mal definitiv länger behalten, als mein SmartPhone. Und alleine Apple kommt auch die nächsten Jahre wieder mit lauter neuen Anforderungen an die Entwickler, davon können wir ja bestimmt weiter ausgehen. Von Windows-Phone, Android-Versionen oder gar ganz neuen Betriebssystemen noch gar nicht angefangen. Die Entwicklung- und Pflegekosten muss der Hersteller doch eigentlich mit in die Produktkalkulation mit aufnehmen. Nur blöd, dass man vorher noch gar nicht weiß was da so auf einen zukommt…

In der IT-Welt sind wir da gedanklich scheinbar schon weiter. Ich nehme mal das Beispiel AVM: eine FritzBox kaufe ich für einen einmaligen Betrag und bekomme alle neuen Firmware-Updates kostenlos. AVM entwickelt die Firmware auch noch für ältere Modelle weiter, sofern möglich. Allerdings: länger als 5-6 Jahre kommt die Nutzung eh kaum in Frage. Sicherheitsrelevante Themen bei Internet-Routern, neue WLAN-Standards, langsamer Datendurchsatz, usw. machen eine Neuanschaffung in dem Bereich sowieso schneller nötig. Genauso wie bei PCs: Apple z.B. gibt regelmäßig durch, welche Hardware-Generation von nun an nicht mehr für neuere Betriebssysteme geeignet sein wird. Aber auch hier ist der Zyklus natürlich wesentlich kürzer als bei Haushaltsgeräten oder gar Elektroinstallationen.

Im Gegensatz dazu die reinen Software-Produkte: hier gibt es jetzt schon den Trend zum reinen Abo-Modell. Photoshop oder MS Office wird nicht mehr zum Kauf angeboten, sondern nur noch gegen Gebühr zeitlich befristet zur Verfügung gestellt.

Ich denke, auch für die IoT-Tools im Privathaushalt muss es neue Tarifmodelle geben. Ein Mix aus Kosten für die Anschaffung und Gebühren für Produktpflege/Updates oder sogar nutzungsabhängiges Entgelt wäre denkbar. Wichtig ist, dass es auch für die Hersteller attraktiv wird, ein langlebiges und nachhaltiges Produkt zum Endkunden zu bringen. Das Vermeidet nicht nur Schrottberge, sondern spart uns auch viel Zeit für Neueinrichtung und Konfiguration.

Eben genau wie bei meinen großen Lautsprechern im Wohnzimmer, die ich mir schon vor über 20 Jahren gekauft habe. Und damit komme ich mir noch gar nicht wirklich oldschool vor 😉

About Frank Thomsen

Schon 1999 gründete Frank Thomsen die "Hausmatic development GmbH", mit dem Ziel einen IP-basierten SmartHome Standard zu etablieren. Damals der Zeit leider zu weit voraus, musste die Entwicklung aus finanzielle Gründen nach ein paar Jahren wieder eingestellt werden. Trotzdem ist er dieser Leidenschaft immer treu geblieben, und ist seitdem u.a. als freier Berater und Autor in Sachen SmartHome tätig. Zudem ist er Geschäftsführer eines Unternehmens für die Entwicklung individueller Softwarelösungen und, gemeinsam mit einem kleinen Team, als selbständiger IT-Berater, insbesondere für Business-Anwendungen in der Apple-Welt, tätig.

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